Der Einsatz von Hart-Weich-Kunststoffverbunden ist vielfältig und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Im Konsumgüterbereich werden sie beispielsweise für Sportgeräte oder Spielwaren, im Hygieneartikelbereich für z.B. Zahnbürsten, im Büroartikelbereich für Schreibgeräte und ähnliches eingesetzt. Auch in technischen Anwendungen wie dem Fahrzeugbau, der Medizintechnik oder der Elektroindustrie sind sie häufig zu finden. Neben den gewünschten technischen Eigenschaften der eingesetzten Werkstoffe rücken bei Produktentwicklungen verstärkt Faktoren wie Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit in den Mittelpunkt. Innovative Biokunststoffverbunde können in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag leisten. Hier setzt das Konsortium unter der Leitung vom Fraunhofer UMSICHT an.
Als mögliche Hartkomponenten für den Verbund wurden Celluloseacetat (CA), Polymilchsäure (PLA)-Blends sowie Polyhydroxyalkanoate (PHA) ausgewählt. Als Weichkomponenten kamen biobasierte thermoplastische Polyurethane (TPU) und Elastomere (TPE) zum Einsatz. Für einen anwendungsfähigen biobasierten Hart-Weich-Verbund müssen beide Kunststoffkomponenten gut miteinander verträglich sein, so dass sie fest aneinander haften. Die Grenzschicht zwischen der Hartkomponente und der Weichkomponente ist dabei von entscheidende Bedeutung. Herausforderung ist hierbei vor allem die unterschiedliche Polarität und Oberflächenspannung der beiden Kunststoffmaterialien. Aber auch andere Parameter wie beispielsweise Verarbeitungsbedingungen oder verwendete Additive beeinflussen die Haftung.
Innovative Modifizierung der Hartkomponente
Die biobasierten Hartkomponenten und Bio-TPE als Weichkomponente sind nicht verträglich und besitzen ohne geeignete Modifizierung kein ausreichendes gegenseitiges Haftvermögen. Zur Reduzierung der Polaritäts- und Spannungsdifferenzen wurden im Forschungsvorhaben Compounds mit unterschiedlichen Kompatibilisatoren zur Verbesserung der Phasenverträglichkeit hergestellt. Dadurch konnte auch die Haftwirkung der 2K-Verbunde gezielt verbessert werden.
Die wichtigste Einflussgröße auf die Eigenschaften des Haftverbunds ist die Grenzflächenspannung zwischen den beiden Materialien. Die Oberflächenenergien der einzelnen Materialien wurden daher mittels Drop Shape Analysis (DSA) an der Universität Kassel bestimmt und zur Berechnung der Grenzflächenspannung genutzt. Zudem wurden dort auch die Prozesseinstellungen zur Herstellung von Hart-Weich-Verbunden im 2K-Spritzguss optimiert.
Deutliche Verbesserung der Haftung
Mittels Schälversuchen nach VDI 2019, Prüfung der Haftung von thermoplastischen Elastomeren (TPE) an Substraten, wurde an der Uni Kassel die Verbundhaftung zwischen den Weichkomponenten und sowohl unkompatibilisierten als auch kompatibilisierten Hartkomponenten bestimmt. Die Messungen zeigten, dass die kompatibilisierten Komponenten zu einer deutlich besseren Verbundhaftung führen. Die Abschälkraft konnte durch die Modifizierung von 0 N (entspricht keiner Haftung, die Komponenten trennen sich bereits bei Entnahme aus dem Spritzgießwerkzeug) auf beachtliche 174 N erhöht werden.