»Wir gehen nicht über Zwischenprodukte, sondern versuchen, CO2 direkt umzusetzen«

Interview /

Im August 2019 ist »ElkaSyn – Steigerung der Energieeffizienz der elektrokatalytischen Alkoholsynthese« an den Start gegangen. Koordiniert vom Fraunhofer UMSICHT soll im Rahmen des Projektes ein einstufiges Verfahren zur elektrochemischen Herstellung von Methanol, Ethanol und Propanol aus CO2 und Wasser entwickelt werden. Wie weit die Arbeiten fortgeschritten sind, erläutern Heiko Lohmann und Theresa Jaster im Interview.

Dr.-Ing. Heiko Lohmann (l.) und Theresa Jaster aus der Abteilung Chemische Energiespeicher des Fraunhofer UMSICHT.

Worum geht es im Projekt ElkaSyn?

Heiko Lohmann: ElkaSyn ist ein öffentlich gefördertes Projekt, in dem wir mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft zusammenarbeiten. Das sind Siemens Energy, die Mitsubishi Power Europe GmbH, das Institut für Technische Chemie der Universität Stuttgart sowie der Lehrstuhl für Anorganische Chemie I und der Lehrstuhl für Verfahrenstechnische Transportprozesse der Ruhr-Universität Bochum. Unser Hauptziel: durch eine elektrochemische Reduktion von CO2 und Wasser die Alkohole Methanol, Ethanol und Propanol herzustellen. Diese Stoffe sind wichtige Bausteine für die Industrie. Aus Methanol lassen sich weitere chemische Produkte wie Formaldehyd und Essigsäure synthetisieren, weiterhin kann das Methanol als Kraftstoff Anwendung finden.

Theresa Jaster: Dabei betrachten wir zwei Pfade. Das ist einmal die elektrochemische CO2-Reduktion bei Normaldruck, zum anderen die Umsetzung bei Hochdruck. Am Ende soll ein einstufiger Prozess stehen, das heißt: Unser Ziel ist es, das CO2 unter Anwesenheit von Wasser direkt an den von uns hergestellten Katalysatoren und Elektroden umzusetzen.

Was sind Vorteile dieses einstufigen Verfahrens?

Theresa Jaster: Zum einen müssen keine Produkte zwischengespeichert werden, es entfällt die separate Herstellung und Speicherung von Wasserstoff. Zum anderen werden Energieverluste vermieden, die bei der Wasserstoffherstellung, vor allem durch die sogenannte Wasserstoff- und Sauerstoffüberspannung, auftreten.

Heiko Lohmann: Zusätzlich werden auch direkt Material- bzw. Systemkosten eingespart, beispielsweise dadurch, dass kein zusätzlicher Reaktor für die Reaktion von CO2 mit Wasserstoff zu den gewünschten Zielprodukten betrieben werden muss.

Lässt sich schon beziffern, wie viel Energie am Ende eingespart werden kann?

Heiko Lohmann: Zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht, denn parallel zur Entwicklung von Katalysatoren und Elektroden finden Prozesssimulationen statt, um genau diese Fragestellung zu untersuchen. Hier haben letztlich auch sehr viele Faktoren einen Einfluss – etwa wie rein das CO2 jeweils anfällt und welcher Aufreinigungsaufwand sich damit für das Gas vor dem Einsatz ergibt. Das heißt, an welcher Punktquelle setzt der Prozess an? Arbeiten wir mit CO2, das aus der Zementindustrie kommt oder in einer Biogasanlage anfällt?

Theresa Jaster: Darüber hinaus kommt es darauf an, wie selektiv unser Prozess am Ende ist. Für die Simulation des Prozesses gibt es deshalb auch einen ständigen Austausch zwischen allen Projektpartnern. Dabei geht es z. B. um Fragen wie: Erhalten wir 80 Prozent Ethanol als Produkt oder sind es nur 20 Prozent? Wie viele, welche und in was für einer Größenordnung erhalten wir noch andere Produkte bei der CO2-Reduktion? Und wie viel CO2 wird am Ende wirklich umgesetzt?

Jede Menge Aspekte also, die es im Blick zu behalten gilt. Wie wird das Ganze innerhalb des Projektes koordiniert?

Theresa Jaster: Wie üblich sind die unterschiedlichen Aufgabenbereiche in Arbeitspakete verteilt. Das Fraunhofer UMSICHT beschäftigt sich primär damit, Elektroden und Katalysatoren herzustellen sowie eine möglichst hohe Selektivität für Ethanol zu erreichen – sowohl unter Normal- als auch unter Hochdruckbedingungen. Auch der Lehrstuhl für Anorganische Chemie der RUB, das Institut für technische Chemie der Universität Stuttgart sowie Siemens Energy beschäftigen sich unter anderem mit der Entwicklung von Elektroden, allerdings mit dem Fokus auf andere Katalysatormaterialien. Die prozesstechnischen Betrachtungen liegen dagegen bei Mitsubishi und dem Lehrstuhl für Verfahrenstechnische Transportprozesse der Ruhr-Universität, die Simulationen und Modellierungen durchführen, gerade auch im Hinblick auf ein späteres Upscaling des Prozesses.

Heiko Lohmann: Zusätzlich zu dem intensiven Austausch zwischen den einzelnen Projektpartnern finden regelmäßige Projekttreffen statt, bei denen wir uns gegenseitig den aktuellen Stand vorstellen. Hier wird auch gemeinsam in angeregten Diskussionen nach Lösungen für verschiedene Problemstellungen gesucht, um das Projekt zusammen voranzubringen.

Wie unterscheiden sich Hochdruck- und Normaldruckpfad?

Theresa Jaster: Wenn wir unsere Elektroden unter Hochdruckbedingungen einsetzen, haben wir eine deutlich höhere CO2-Verfügbarkeit am Katalysator. Davon versprechen wir uns eine Verschiebung des Produktspektrums und bestenfalls eine höhere Ausbeute für die Alkohole. Wir konnten bereits vielversprechende Ergebnisse erzielen, allerdings resultieren aus dem Einsatz der Elektroden im Hochdruck momentan noch geringe Stromdichten. Um für die Industrie von Interesse zu sein, sollten diese bei mindestens 200 Milliampere pro Quadratzentimeter liegen. Deshalb sind unsere Projektpartner der RUB dabei, neue Elektrolytsysteme mit einer hohen Leitfähigkeit zu finden, welche höhere Stromdichten bei der CO2-Reduktion erlauben. Darüber hinaus designen wir neue Zellen – weg von einer Batchzelle hin zu einer kontinuierlichen Hochdruckzelle. Im Vergleich zum Hochdruck erhalten wir unter Normaldruckbedingungen deutlich höhere Stromdichten, gleiches gilt auch für die Effizienzen für die Alkohole.

Wie gehen Sie vor, um die Prozesse weiter zu optimieren?

Theresa Jaster: Dafür gibt es sehr viele Stellschrauben. Zum einen findet eine Weiterentwicklung der Hochdruckzelle statt, ebenso wie vom Elektrolytsystem, zum anderen von den Katalysatoren und Elektroden. Dabei untersuchen wir verschiedene Katalysatorsysteme. Allerdings spielt nicht nur der Katalysator selbst eine entscheidende Rolle, sondern auch dessen Umgebung innerhalb der Elektrode. Deshalb führen wir eine Variation der Katalysatorschichtzusammensetzung durch und variieren auch Parameter wie die Porosität oder die Katalysatorschichtdicke.

Haben Sie da bestimmte Materialien im Fokus?

Theresa Jaster: Unser Fokus liegt hier auf kupferbasierten Elektroden, denn Kupfer ist als einziges Metall in der Lage, höhere Alkohole wie Ethanol oder Propanol bei der CO2-Elektrolyse zu erzeugen.

Heiko Lohmann: Insgesamt haben wir es mit einem sehr komplexen System und damit einer arbeitsintensiven Forschung in diesem Projekt zu tun. Der eigentliche Katalysator lässt sich ebenso variieren und optimieren wie die Bestandteile der Elektrode. Anschließend muss all das zusammengebracht werden und sollte dann nicht nur möglichst selektiv für die Bildung von Alkoholen sein, sondern zusätzlich auch langzeitstabil.

Was waren bislang Highlight auf dem Weg Richtung einstufiges Verfahren?

Theresa Jaster: Vor diesem Projekt haben wir mithilfe der Hochdruckelektrolyse vorwiegend Ameisensäure herstellen können. Im Rahmen von ElkaSyn konnten wir zeigen, dass überhaupt eine Alkoholproduktion unter Hochdruckbedingungen möglich ist, und haben bereits Methanol und Ethanol erhalten. Mit Blick auf den Normaldruckpfad ist es uns durch die Optimierung sowohl der Elektrode als auch der Katalysatorschicht möglich gewesen, sehr viel höhere Effizienzen für die Bildung von Ethanol zu erzielen. Das sind sehr gute Meilensteine.

Heiko Lohmann: Ein weiteres Highlight ist sicherlich der Wechsel von der diskontinuierlichen Batch- zur kontinuierlichen Elektrolysezelle. Das ist ein ganz wichtiger Schritt mit Blick auf die praktische Umsetzung und zeigt, dass wir die Möglichkeit haben, so einen Prozess im Maßstab zu vergrößern.

Die Fortführung ist also bereits Thema…

Theresa Jaster: Das Projekt läuft noch bis Januar 2023 und wir machen uns natürlich Gedanken dazu, wie es weitergeht. Die sehr guten Ergebnisse lassen die Chancen auf ein Nachfolgeprojekt steigen.

Heiko Lohmann: Das Thema Scale-up wäre definitiv etwas für ein Nachfolgeprojekt – hoffentlich mit den gleichen Projektpartnern, denn die Zusammenarbeit läuft auf allen Ebenen wirklich sehr gut. Auch interessant wäre der Aspekt der Punktquelle. Bislang nutzen wir für unsere Arbeit sehr reines CO2 aus der Flasche. Wie aber laufen die Prozesse mit CO2-Gemischen, die direkt aus der Industrie kommen oder noch weitere Verbindungen enthalten? Da stellt sich die Frage, ob sich diese zum Beispiel als Katalysatorgift auswirken können oder keinen merklichen Einfluss auf den Prozess haben.

Welche nächsten Schritte stehen an?

Theresa Jaster: Konkret werden wir uns jetzt noch ausführlicher mit dem Katalysator selbst beschäftigen und verschiedene Kupfer-Metallverbindungen testen. Auch die Elektroden sind noch nicht zu Ende optimiert. Und natürlich gilt es, die kontinuierliche Hochdruckzelle in Betrieb zu nehmen. Die wurde bislang entworfen, gebaut und getestet. Jetzt müssen wir evaluieren, inwiefern wir eine Effizienzsteigerung erhalten, wenn die neuen Elektroden in dieser getestet werden.

 

FÖRDERHINWEIS
Das Projekt »ElkaSyn – Steigerung der Energieeffizienz der elektrokatalytischen Alkoholsynthese« wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Laufzeit: 1. August 2019 bis 31. Januar 2023. Förderkennzeichen: 03ET1642C.