Glossar Nachhaltige Kunststoffe

  • Bioabbaubare Kunststoffe

    Kunststoffe, deren Bestandteile bioabbaubar sind.

     

    Der Abbauprozess von bioabbaubaren Kunststoffen kann verschiedene parallel oder nachfolgend ablaufende abiotische und biotische Schritte einschließen, jedoch muss immer der Schritt der biologischen Mineralisation dabei sein.

    Biologischer Abbau von Kunststoffen findet statt, wenn das organische Material des Kunststoffs als Nährstoffquelle für biologische Systeme (Organismen) genutzt wird.

    Bioabbaubare Kunststoffe können auf nachwachsenden Rohstoffen (Biomasse z. B. Stärke) oder auf nicht-nachwachsenden/fossilen (z. B. Öl) Rohstoffen basieren, die in chemischen oder biotechnologischen Prozessen verarbeitet wurden. Die Quelle oder der Prozess, durch den die bioabbaubaren Kunststoffe hergestellt werden, beeinflussen nicht die Klassifikation als bioabbaubare Kunststoffe.

    Der Grad der Bioabbaubarkeit eines Kunststoffgegenstands hängt neben der speziellen Kunststoffrezeptur auch von dem Oberflächen-Volumen-Verhältnis der Produkte, z. B. der Materialdicke, ab.



    BASISWISSEN
    Mikroorganismen erkennen bioabbaubare Kunststoffe als Nahrung und konsumieren und verdauen sie.

  • Bioabbaubarkeit

    Abbau (Mineralisierung) einer Substanz durch biologische Aktivität.

    Bioabbaubarkeit muss die Einwirkung lebender Organismen in den Abbauprozess mit einschließen, jedoch können auch abiotische Prozesse beteiligt sein. Bioabbaubarkeit geschieht durch die Einwirkung von Enzymen, entweder im Verdauungssystem lebender Organismen und/oder durch isolierte oder ausgeschiedene Enzyme. Organismen führen einen biologischen Abbau an Substraten durch, die als Nahrung erkannt werden und als Nährstoffquelle dienen.

    Die Endprodukte des Bioabbaus sind bekannte Verdauungsprodukte wie Kohlendioxid, Wasser, Biomasse oder Methan. Dieser letzte Schritt ist bekannt als vollständige biologische Abbauarbeit oder biologische Mineralisierung.

    Für den praktischen Einsatz sollten der Grad des Bioabbaus und die Endprodukte des Bioabbaus bekannt sein.

  • Biobasiert

    ... aus Biomasse stammend.

    Siehe Biobasierter Kunststoff

  • Biobasierter Kunststoff

    Kunststoff aus Biomasse (ausgenommen fossile Biomasse).


    Kunststoffe können vollständig oder teilweise auf Biomasse (= nachwachsende Rohstoffe) basieren. Der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen kann zu einer höheren Nachhaltigkeit der Kunststoffe führen.

    Obwohl fossile Rohstoffe natürlich sind, sind sie nicht nachhaltig und werden nicht als Basis für biobasierte Kunststoffe gesehen. Zur Definition des biobasierten Anteils der Kunststoffe siehe Biobasierter Kohlenstoffgehalt.

     Biobasierte Materialien werden häufig als Biomaterialien bezeichnet, obwohl im professionellen Gebrauch die Begriffe nicht synonym sind (siehe Biomaterial). Die Verwendung dieses Begriffs als Synonym zum Begriff biobasierte Kunststoffe sollte daher vermieden werden.

  • Biobasierter Kohlenstoffgehalt

    Gehalt des aus Biomasse gewonnenen Kohlenstoffs als Massenanteil des organisch gebundenen Gesamtkohlenstoffgehalts im Material.

    Der biobasierte Kohlenstoffgehalt wird durch die Messung des Gehalts des 14C-Isotops genau bestimmt. Dieser ist in nachwachsenden Rohstoffen viel höher als in fossilen. Die Methode ist Basis für die ASTM D-6866 Norm: Standardtestmethoden für die Bestimmung des biobasierten Anteils von festen, flüssigen und gasförmigen Proben mittels Radiokarbonanalyse.

     Zertifikate und Zertifizierungslogos nach ASTM D 6866 sind für Materialien mit verschiedenen biobasierten Anteilen erhältlich.

    Die europäische Norm DIN EN 16785-1: Biobasierte Produkte - Biobasierter Gehalt - Teil 1: Bestimmung des biobasierten Gehalts unter Verwendung der Radiokarbon- und Elementaranalyse berücksichtigt den gesamten biobasierten Massen-Anteil, also auch biobasierten Sauerstoff, biobasierten Wasserstoff und biobasierten Stickstoff, im Verhältnis zum nicht biobasierten Anteil.

  • Biokunststoff

    Kunststoff, der bioabbaubar, biobasiert oder beides ist.*

     

    Der Begriff in der obigen Definition ist in der Kunststoffindustrie weit verbreitet, in der Wissenschaft existieren weitere Definitionen.

    Alternative Definition 1:
    Kann auch biokompatible Kunststoffe meinen (CEN/TR 15932).

    Alternative Definition 2:
    Natürlich vorkommendes Kunststoffmaterial. Es gibt sehr wenige bekannte Biokunststoffe. Ein Beispiel sind Polyhydroxyalkanoate – ein natürlicher, thermoplastischer Polyester.


    * Definition nach European Bioplastics

  • Biomasse

    Material biologischer Herkunft, ausgenommen fossile oder geologische Materialien  (= nachwachsende Rohstoffe).


    Die Begriffe Biomasse und nachwachsende Rohstoffe beschreiben bezüglich Herkunft und Wiederherstellungszeit das Gleiche.

    Ein nachwachsender Rohstoff ist ein Rohstoff, der in vergleichbarem Tempo wieder entsteht, wie er verbraucht wird.

    Biomasse kann aus tierischen, pflanzlichen oder mikrobiellen Quellen stammen.

  • Biomaterial

    Werkstoffe, die in der Medizin für therapeutische oder diagnostische Zwecke eingesetzt werden und dabei in unmittelbaren Kontakt mit biologischem Gewebe des Körpers kommen.

    Siehe Webseite der internationalen Gesellschaft für Biomaterialien:

    www.biomaterials.org

  • Biopolymer

    Polymer produziert durch lebende Organismen*

     

    Biopolymere (=natürliche Polymere) sind wichtige Bestandteile lebender Organismen. Zu ihnen gehören hauptsächlich Polysaccharide (z. B. Cellulose, Stärke, Glykogen, Chitin) und Proteine (z. B. Gluten, Kollagen, Enzyme), Nukleinsäuren (DNA, RNA). Auch andere Formen wie Lignin und Polyester zählen dazu.

    Definition nach CEN/TR 15932:2009: Vollständig oder teilweise biobasiertes Polymer.



    *Angepasst nach PAC, 1992, 64, 143 (Glossary for chemists of terms used in biotechnology (IUPAC Recommendations 1992)), Definition auf Seite 148

  • Kompostierbare Kunststoffe

    Kunststoffe, die unter bestimmten Bedingungen und im Zeitrahmen eines Kompostierzyklusses biologisch abbauen.

     

    Kompostierung ist eine Art der Bioabfallbehandlung, die unter aeroben Bedingungen (Anwesenheit von Sauerstoff) abläuft, und bei der das organische Material durch natürlich vorkommende Mikroorganismen abgebaut wird. In industriellen Kompostieranlagen kann die Temperatur im Komposthaufen bis zu 70 °C erreichen. Die Kompostierung läuft unter feuchten Bedingungen ab. Der Kompostierprozess dauert mehrere Wochen.

    Es ist wichtig zu verstehen, dass biologisch abbaubare Kunststoffe nicht unbedingt kompostierbare Kunststoffe sind (sie können einen längeren Zeitraum oder abweichende Bedingungen zum Abbau benötigen), während kompostierbare Kunststoffe immer bioabbaubare Kunststoffe sind. Die Definition der Kriterien für kompostierbare Kunststoffe ist wichtig, da Materialien, die nicht zur Kompostierung geeignet sind, die Endqualität des gesamten Kompostes verschlechtern können.

    Kompostierbare Kunststoffe sind durch eine Vielzahl nationaler und internationaler Standards (z. B. EN 13432, ASTM D-69009) definiert, die sich überwiegend auf industrielle Kompostierung beziehen.

    EN 13432 definiert die notwendigen Eigenschaften von Verpackungsmaterial, um dieses als industriell kompostierbar einstufen zu können. EN 14995:2006 erweitert den Rahmen für Kunststoffe in anderen Anwendungen als Verpackungen. Diese Normen sind die Basis für eine Vielzahl von Zertifizierungssystemen.

    Nach EN 13432 muss ein kompostierbares Material folgende Eigenschaften besitzen:

    • Bioabbaubarkeit: Eine Fähigkeit des kompostierbaren Materials unter der Einwirkung von Mikroorganismen zu CO2 umgewandelt zu werden. Diese Eigenschaft wird unter der Norm EN 14046 (auch publiziert als ISO 14855 – Bioabbaubarkeit unter kontrollierten Kompostierbedingungen) gemessen. Um eine vollständige Bioabbaubarkeit zu zeigen, muss 90 % des Materials (absolut oder im Vergleich zur Referenz) in weniger als sechs Monaten abgebaut sein.
    • Desintegration: physikalische Fragmentierung und Verlust der Sichtbarkeit im Kompostendprodukt gemessen in einer Pilot-Kompostieranlage (EN 14045) nach drei Monaten.
    • Abwesenheit negativer Effekte auf den Kompostierprozess.
    • Niedriger Gehalt von Schwermetallen und anderen chemischen Komponenten sowie Abwesenheit negativer Effekte auf das Kompostendprodukt.

      Heimkompostanlagen unterscheiden sich durch die niedrigere Temperatur im Komposthaufen von industriellen Kompostanlagen. Kunststoffe müssen gesondert geprüft werden, ob sie unter den Bedingungen der Heimkompostierung kompostierbar sind. Die Zertifizierung erfolgt nach den Normen AS 5810 »Biodegradable plastics — Biodegradable plastics suitable for home composting« oder NF T51-800 »Kunststoffe - Spezifikationen für heimkompostierbare Kunststoffe«.

  • Kunststoffe

    Polymerbasiertes Material, welches sich durch Formbarkeit charakterisiert.

     

    Der Hauptbestandteil von Kunststoffen oder Plastik (aus dem Griechischen: plastikos – geeignet für Formen, plastos – geformt) ist ein Polymer, das durch die Zugabe von Additiven und Füllstoffen »formuliert« wurde, um ein technologisches Material zu ergeben – Kunststoff. Kunststoffe sind definiert durch ihre Formbarkeit – sie zeigen einen Zustand als zähe »viskose« Flüssigkeit an irgendeinem Punkt während der Verarbeitung.

    Definition nach EN ISO 472: Material, das als Hauptbestandteil ein hochmolekulares Polymer enthält und welches in irgendeiner Phase seiner Verarbeitung einen plastischen Zustand durchlaufen hat.

  • Nachhaltigkeit

    Nachhaltigkeit als Leitbild für die Prozess- und Produktentwicklung


    Es gibt zwei Rahmen, in denen Nachhaltigkeit definiert wird. Der engere bezieht sich ausschließlich auf den Einsatz von Material- und Energieressourcen. Der weitere berücksichtigt auch weitreichende soziale Aspekte und betrachtet Nachhaltigkeit als Einheit aus wirtschaftlicher, sozialer und ressourcenbezogener Nachhaltigkeit. Die zweite Definition wird wegen des willkürlichen Charakters der Parameter und Kriterien, die angesetzt werden, als weniger gut definiert gesehen, während die erste mehr technische Aspekte betrachtet.

    Nachhaltigkeit wird meistens mit der Definition beschrieben, die aus der Rio-Konferenz zum Klimawandel hervorgegangen ist: Vorhandene Mittel effizient zu benutzen, ohne dabei die Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung heutiger und kommender Generationen in Gefahr zu bringen. Eine abweichende Definition, fokussiert auf Material- und Energieerneuerung, wurde von R. Baum geprägt: Sonnenbasiert in Echtzeit. Der Punkt in beiden Definitionen ist, dass Nachhaltigkeit nicht mit einem erschöpfenden Ressourcenverbrauch vereinbar ist. Die zweite Definition würdigt die Sonne als einzige Energiequelle (auch benötigt für die Biomasseschaffung).

     Die wesentlichen Instrumente für die Bestimmung der Nachhaltigkeit können in vier Hauptkategorien gruppiert werden:

    1. Instrumente für »Nachhaltige Regierung« (z. B. Global Governance Programme GGP).
    2. Methoden und Instrumente zur Bewertung ökologischer, ökonomischer und sozialer Einflüsse  (z. B. Life Cycle Assessment LCA).
    3. Instrumente für ökologisches Umweltmanagement und Zertifizierung  (z. B. Eco-Management and Audit Scheme EMAS).
    4. Instrumente für nachhaltiges Design  (z. B. ecodesign).

      Nachhaltigkeit wird normalerweise mittels Life Cycle Assessment (LCA) bestimmt. Dabei handelt es sich um eine systematische und objektive Methode für die Bewertung und Quantifizierung der mit einem Produkt, Prozess oder einer Aktivität zusammenhängenden energetischen und ökologischen Folgen sowie möglichen Einflüsse. Zeitraum der Betrachtung ist die komplette Lebenszeit, von der Beschaffung der Rohmaterialien bis an das Lebensende (»von der Wiege bis zur Bahre«). In dieser Methode werden alle Phasen des Herstellungsprozesses als verbunden und voneinander abhängig betrachtet, um kumulierende ökologische Einflüsse zu erfassen. Auf internationaler Ebene wird LCA durch die Normen ISO 14040 und ISO 14044 bestimmt. LCA ist das Hauptinstrument für die Einführung des ‘Life Cycle Thinking’ (LCT). LCT ist als kultureller Ansatz grundlegend, da es die Betrachtung der gesamten Produktkette und die Identifizierung von Verbesserungs- und Innovationsmöglichkeiten einschließt.

      LCA ist auch bekannt unter Life-Cycle-Analyse, Ökobilanz und Cradle-to-Grave-Analyse.
       

      BASISWISSEN
      Ein vereinfachtes Beispiel für Nachhaltigkeit kann durch die zwei folgenden Beispiele gegeben werden. Ein nachhaltiger Prozess ist die Strömung eines Flusses. Normalerweise ist sie unerschöpflich und wird sich Jahr für Jahr fortsetzen. Ein Beispiel für einen nicht-nachhaltigen Prozess ist Bergbau. Sobald das Erz aus der Erde entfernt und verwendet wurde, ist es endgültig verbraucht und wird nicht wieder erscheinen.

  • Polymer

    Makromolekül aus vielen sich wiederholenden Einheiten


    Ein Polymer (aus dem Griechischen: poly – viel, meros – Teile) wird normalerweise als organische Verbindung betrachtet, obwohl auch anorganische Polymere bekannt sind. Polymere enthalten Tausende linear oder verzweigt aufgebauter, sich wiederholender Einheiten (Monomere) und können Molekülgewichte über eine Millionen Daltons (Dalton = g/mol) erreichen.

    Polymere werden in der Natur gebildet oder künstlich hergestellt (synthetisch). Natürliche Polymere (=Biopolymere) sind spezielle und wichtige Bestandteile lebender Organismen. Sie sind hauptsächlich Polysaccharide (z. B. Cellulose, Stärke, Glykogen), Proteine (z. B. Gluten, Kollagen, Enzyme) und Nukleinsäuren, obwohl auch viele andere Formen wie Lignin und Polyester bekannt sind. Künstliche Polymere sind eine große und vielseitige Gruppe von Verbindungen, die in der Natur vorkommen. Sie werden durch chemische oder biochemische Methoden synthetisiert. Die jährliche Weltproduktion von Polymeren wurde 2017 auf 348 Millionen Tonnen geschätzt (Plastics – The Fact 2018).

    Der Haupteinsatz von künstlichen Polymeren ist die Produktion von Kunststoffen. Polymere unterscheiden sich von Kunststoffen in der Hinsicht, dass sie reine Verbindungen sind, während Kunststoffe formulierte, gebrauchsfertige Materialien aus Polymeren und Additiven sind.

     
    BASISWISSEN
    Eine vereinfachte Analogie eines Polymers ist eine Perlenkette aus einzelnen Perlen (wie Monomere), in einer linearen Form angeordnet.

Stand: 12.06.2019

Quellenangaben

Plastics – The Facts 2010, European Plastics, 2010

IUPAC. Compendium of Chemical Terminology, 2nd ed. (the "Gold Book"). Compiled by A. D. McNaught and A. Wilkinson. Blackwell Scientific Publications, Oxford (1997). XML on-line corrected version: http://goldbook.iupac.org (2006) created by M. Nic, J. Jirat, B. Kosata; updates compiled by A. Jenkins.

EN ISO 472 Plastics - Vocabulary

Technical report CEN/TR 15932: 2010 Plastics - Recommendation for terminology and characterisation of biopolymers and bioplastics, European Committee for Standardization, Brussels, March 24, 2010.

ASTM D883 - 11 Standard Terminology Relating to Plastics (including literature related to plastics terminology in Appendix X1)

EN 13193:2000 Packaging – Packaging and the environment – Terminology

EN 13432:2000 Packaging - Requirements for packaging recoverable through composting and biodegradation

EN 14995:2006 Plastics: Evaluation of compostability

Council of the European Union, Improving environmental policy instruments. Council conclusions, Brussels, 21 December 2010.

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