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Von Holzresten bis Klärschlamm: Kohle aus biogenen Reststoffen

Newsletter 29.11.2016 - In der Diskussion um den Klimawandel genießt Kohle keinen guten Ruf. Einem Forscherteam aus Sulzbach-Rosenberg ist es nun gelungen, durch thermo-katalytisches Reforming (TCR®) hochwertige Kohle aus biogenen Reststoffen zu gewinnen. Die Biokohle lässt sich nach zuvor individuell festgelegten Parametern herstellen und kann als Brennstoff, zur Bodendüngung oder in der Medizin verwendet werden.

Ein wichtiger Schritt in Richtung nachhaltiges Wirtschaften besteht in der effizienten Nutzung biogener Reststoffe. Die stoffliche und energetische Verwertung von Restbiomasse reduziert nicht nur die Emission klimaschädlicher Gase, sondern diversifiziert und stabilisiert die Rohstoffversorgung langfristig. Abteilungsübergreifend forscht der Standort Sulzbach-Rosenberg von Fraunhofer UMSICHT deshalb am sogenannten TCR®-Verfahren (thermo-katalytisches Reforming), das organische Reststoffe pyrolytisch aufschließt und auf diese Weise qualitativ hochwertige und lagerfähige Energieträger verschiedener Art erzeugt.

Das TCR®-Verfahren ist für verschiedene Industriebereiche interessant, da sich eine Vielzahl an biogenen Reststoffen durch thermo-katalytisches Reforming zu Biokohle verarbeiten lässt: Die Liste reicht von Rückständen aus Biogas- und Bioethanolverfahren über Holzreste und Landschaftspflegematerial bis hin zu industriellen Biomassereststoffen wie Biertreber. Die Verarbeitung von Schlempen aus dem Papierrecycling, Klärschlämmen, Stroh und anderen landwirtschaftlichen Reststoffen oder Tierexkrementen ist ebenfalls möglich.

Biokohle als Pellet, Granulat oder Brikett

Das Verfahren zur Verarbeitung biogener Reststoffe gliedert sich in zwei Schritte: In einer ersten Stufe wird die Biomasse bei mittleren Temperaturen (400 bis 450 °C) schonend in feste und flüchtige Bestandteile pyrolytisch aufgeschlossen. Durch integrierte katalytische Schritte werden in einer zweiten Stufe drei qualitativ hochwertige Produkte erzeugt: Staubfreies Produktgas (bestehend aus Wasserstoff bis 40 Volumenprozent, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Methan sowie ein geringer Anteil höherer Kohlenwasserstoffe), Produktöl (mit hohem Heizwert und sehr niedrigen Säuregehalten, vergleichbar mit pflanzlichen Ölen) und Biokohle (mit hohem Kohlenstoffanteil und frei von organischen Schadstoffen). Der Umsatz des eingesetzten Energieinhalts in biogene Produkte liegt bei 85 Prozent.

Die auf diese Weise produzierte Biokohle (Karbonisat) weist je nach Einsatzstoff einen hohen Gehalt an Nährstoffen auf und lässt sich beispielsweise zur Düngeanwendung nutzen. »Das Karbonisat ermöglicht eine bessere Durchlüftung und macht sandige Böden aufnahmefähiger für Wasser«, erklärt Fabian Stenzel, Abteilungsleiter Biologische Verfahrenstechnik bei Fraunhofer UMSICHT in Sulzbach-Rosenberg. Ein Einsatz als Brennstoff oder in der Medizin ist ebenfalls denkbar.  Die Biokohle kann in jeder gewünschten Form hergestellt werden - zum Beispiel pelletiert, gemahlen, granuliert oder auch brikettiert.

Individualisiertes Endprodukt

Das Hauptaugenmerk des Prozesses  liegt auf den physikalischen und chemischen Eigenschaften des Produkts. Faktoren wie die Oberfläche oder die Porengrößenverteilung für eine Boden- oder Filternutzung werden von Fraunhofer UMSICHT einsatzstoffspezifisch optimiert, um eine möglichst hohe Wertschöpfung zu generieren. »Zusammen mit uns kann der Kunde speziell für seinen Einsatzstoff die idealen Prozessparameter ermitteln«, sagt Stenzel. Sein Team kann bereits mit Kleinstmengen (ab 5 kg) aussagekräftige Analysen, Energie- und Massenbilanzen erstellen sowie weitere Anwendungstests durchführen. »Basierend auf den Ergebnissen entwickeln wir dann zusammen mit dem Kunden Vermarktungskonzepte für seine Produkte.«