Interview mit Andreas Menne

Grünes Methanol als Baustein der Dekarbonisierung

Interview vom 16.07.2020

Dr. Andreas Menne | Abteilungsleiter Bioraffinerie und Biokraftstoffe.
Dr. Andreas Menne | Abteilungsleiter Bioraffinerie und Biokraftstoffe.

Wie können wir Methanol, eine der weltweit wichtigsten Basischemikalien, klimafreundlich herstellen? Wie stehen die Chancen, das Vorhaben in großem Maßstab umzusetzen? Dr. Andreas Menne, Leiter der Abteilung Bioraffinerie und Biokraftstoffe am Fraunhofer UMSICHT, mit einem kompakten Überblick zum Thema grünes Methanol.

 

Was macht Methanol so bedeutend für die Industrie?

Mit etwa 80 Mio. Tonnen pro Jahr ist Methanol eine der wichtigsten Basischemikalien mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Hauptanwendung ist die Herstellung von Formaldehyd, was wiederum Ausgangsstoff für eine Vielzahl weiterer Synthesen, etwa für Kunststoffe, ist. Neben dem Einsatz in der chemischen Industrie ist auch die direkte Verwendung als Kraftstoff oder als Ausgangsmaterial für die Herstellung verschiedener Kraftstoffarten interessant. Hier sind vor allem MTBE, Biodiesel oder DME zu nennen. Es wird erwartet, dass Methanol im Bereich der Kraftstoffe in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen wird. Im Chemiesektor wird ein Wachstum vor allem beim Methanol-to-Olefins-Prozess erwartet. Mit diesem Prozess werden Ethylen und Propylen hergestellt, die zu den wichtigsten Ausgangsstoffen für Polymere zählen (PE, PP).

Worin liegen die Herausforderungen, Methanol klimafreundlich zu erzeugen?

Methanol wird heute vorwiegend auf Basis von Erdgas (Methan) und teilweise Kohle produziert. Hierfür wird aus den fossilen Ausgangsstoffen zunächst das Synthesegas CO/H2 erzeugt, welches dann in einem katalytischen Prozess zu Methanol umgesetzt wird. Um Methanol klimafreundlich zu erzeugen, benötigt man Wasserstoff, z. B. aus der Elektrolyse von Wasser, und CO2 aus industriellen Abgasen oder der Luft. Die Bereitstellung des CO2 erfordert den Einsatz von Strom aus erneuerbaren Quellen. Setzt man CO2 als Kohlenstoffquelle ein, werden zudem 50 Prozent mehr Wasserstoff benötigt im Vergleich zur Nutzung von CO. Die eigentliche Methanolsynthese verläuft weitestgehend nach dem bekannten Verfahren und funktioniert sehr gut. Die Herausforderung liegt also eher in der Bereitstellung der Ausgangsstoffe. Die Nutzung von nicht fossilen Quellen und CO2 macht den Prozess aufwendiger und das Produkt somit teurer im Vergleich zur Produktion in extrem großen Anlagen auf Basis von fossilen Erdgasen. Daher ist die gezielte Förderung von klimafreundlich hergestelltem CO2 sehr wichtig für die wirtschaftliche Produktion von grünem Methanol.  

Besteht eine realistische Chance, dass grünes Methanol die fossil basierte Variante vollständig ersetzt?

Wenn wir es mit dem Klimaschutz ernst meinen, besteht eine realistische Chance für grünes Methanol. Der Vorteil ist, dass der Prozess schon heute funktioniert und die technische Umsetzbarkeit bereits gut erprobt ist. Hinzu kommt die große Zahl an Einsatzmöglichkeiten von Methanol. Ich denke, dass Methanol eine der ersten Chemikalien sein wird, die kommerziell in großem Maßstab basierend auf nachwachsenden Rohstoffen erzeugt wird und einen substanziellen Marktanteil neben fossilen Produkten erreichen kann.