Vier Fragen an...

...Prof. Kai Leonhard von der RWTH Aachen

Interview vom 15.03.2023

Kai Leonhard
Prof. Kai Leonhard ist Chemiker und Professor am Lehrstuhl für Technische Thermodynamik am Institut für Thermodynamik der RWTH Aachen. Er und sein Team arbeiten im Verbundprojekt Carbon2Chem® im Leitprojekt L-V Carbon2Polymers.

Sie sind Teilprojektleiter für wissenschaftliche Arbeiten im Leitprojekt L-V. Was wurde aus dieser Perspektive betrachtet bislang im Verbundprojekt Carbon2Chem® erreicht?


Kai Leonhard:
Aus meiner Sicht ist der Fortschritt bei der Erstellung quantitativer Reaktionsmodelle für die Phosgenierungsreaktionen beeindruckend. Diese Modelle erlauben ein gesteigertes Verständnis der entsprechenden industriellen Prozesse und können deren Optimierungspotenzial aufdecken. Gerade bei den hier vorliegenden, experimentell nur mit großem Aufwand untersuchbaren Komponenten bieten quantenmechanische Methoden großes Potenzial, den experimentellen Aufwand zumindest zu reduzieren.


Was waren die größten Herausforderungen?


Kai Leonhard:
Da neben der Direktphosgenierung auch die Phosgenierung im Lösungsmittel im Laufe des Projekts immer relevanter wurde und verschiedene Katalysatoren zu betrachten waren, wurden die relevanten Reaktionsmechanismen immer größer, so dass sie mit konventionellen Methoden der Computerchemie praktisch nicht mehr berechenbar waren. Dies hat den ohnehin schon vorhandenen Bedarf an automatisierten Methoden zur Mechanismenerstellung noch einmal verstärkt.


Was waren Highlights?


Kai Leonhard:
Bei der Entwicklung dieser automatisierten Methoden konnten wir in den vergangenen zwei bis drei Jahren sehr gute Fortschritte machen, wodurch unsere letzte Publikation aus dem Carbon2Chem®-Projekt für eine Cover-Story bei ChemPhysChem1 ausgewählt wurde.


Welche nächsten Schritte sind geplant?


Kai Leonhard:
Als nächstes wollen wir unsere neuen Erkenntnisse und Methoden anwenden, um zu verstehen, was mit Spurenverunreinigungen aus den Hüttengasen im Phosgenierungsschritt passiert und wie sich diese Stoffe auf die Produktqualität auswirken.
 

1 Anmerkung: ChemPhysChem ist eine zweiwöchentlich erscheinende, von Expertinnen und Experten begutachtete wissenschaftliche Zeitschrift, die von Wiley-VCH im Auftrag von Chemistry Europe herausgegeben wird. Sie wurde im Jahr 2000 gegründet und deckt alle Aspekte der chemischen Physik und der physikalischen Chemie ab.