Vier Fragen an ...

… Oliver Obrist von der Obrist DE GmbH

Interview vom 31.10.2023

Oliver Obrist
© Marcel Hagen | Studio22.at
Oliver Obrist leitet die Arbeiten im Teilprojekt »L-VIII eMethanol-Auto« im Verbundprojekt Carbon2Chem®. Er ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und bei der Obrist DE GmbH als Geschäftsführer tätig.

Als Teilprojektleiter von L-VIII, was wurde aus dieser Perspektive betrachtet bislang im Verbundprojekt Carbon2Chem® erreicht?

Oliver Obrist: Carbon2Chem® stellt einen wichtigen Grundstein für die Vermeidung des Einsatzes von fossilen Rohstoffen in der Industrie und des Automobilsektors dar, indem es innovative Wege zur Reduzierung von CO2-Emissionen und zur Verringerung des Einsatzes fossiler Rohstoffe aufzeigt. Durch die Umwandlung von Prozessgasen aus verschiedenen Industriezweigen in synthetische Kraftstoffe, Kunststoffe und Basischemikalien werden wichtige Schritte in Richtung einer nachhaltigen und klimafreundlichen Produktion getan.

Die Verwendung erneuerbarer Energien und die Integration dieser Technologien in den Automobilsektor tragen dazu bei, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Dies ermöglicht die Schaffung umweltfreundlicherer Fahrzeuge und trägt zur Verringerung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor bei, ohne die Kosten der Mobilität für Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen. Gleichzeitig bietet das cross-industrielle Netzwerkmodell die Möglichkeit, diese Lösungen in großem Maßstab umzusetzen, was einen bedeutenden Beitrag zur Vermeidung des Einsatzes von fossilen Rohstoffen in der Industrie und des Automobilsektors leistet und somit entscheidend zur Bewältigung der globalen Herausforderung des Klimawandels beiträgt.

Was waren Highlights?

Oliver Obrist: Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, wie Testfahrten mit den Demonstrationsfahrzeugen dazu beitragen, die Machbarkeit von Klimaschutz im Mobilitätssektor aufzuzeigen. Die kleine Obrist Li-Ionen Batterie, die die elektrische Hinterachse antreibt, ermöglicht eine unvergleichliche Fahrdynamik. Die Kombination dieses Batteriesystems, mit dem von Obrist entwickelten »Zero Vibration Generator« (ZVG) vereint die Vorzüge der alten und der neuen Welt unter dem HyperHybrid-Konzept.

Durch die gesteigerte Energieeffizienz dieses Konzepts können erhebliche Emissionsreduktionen im Vergleich zu herkömmlichen Antrieben erzielt werden, ohne die Kosteneffizienz und die Reichweitenvorteile zu beeinträchtigen. Doch das Highlight ist die Nutzung von synthetisch hergestelltem Methanol aus erneuerbarem Strom, wie es beispielsweise aus dem Carbon2Chem®-Projekt gewonnen wird. Dieser innovative Ansatz macht das Konzept zu einem wahren Game-Changer. CO2-neutrale Mobilität wird dadurch erstmals wirklich erschwinglich, und es wird der Weg zu CO2-negativen Emissionen im Verkehrssektor aufgezeigt. Dies ist ein bedeutender Schritt in Richtung nachhaltiger und umweltfreundlicher Mobilität.

Was waren die größten Herausforderungen?

Oliver Obrist: Die Integration der Hybridkomponenten in ein Serienfahrzeug war besonders herausfordernd, da die fehlerfreie Kommunikation der einzelnen Bauteile mit dem bestehenden System des Fahrzeugs in jeder Situation gewährleistet sein muss. Um dieses Problem zu lösen, wurde eigens ein Fahrzeugcontroller entwickelt, der die Steuerung der Antriebskomponenten sowie die Schnittstelle zum Fahrzeug übernimmt.

Ein besonderes Augenmerk bei der Integration lag auch auf dem Thema NVH (Noise, Vibration and Harshness). Geringe Geräuschwerte sind für ein angenehmes Fahrerlebnis, vergleichbar mit batterieelektrischen Fahrzeugen, unerlässlich. Daher wurden Maßnahmen ergriffen, um die Geräusche, Vibrationen und Fahrkomfortaspekte zu berücksichtigen. Beispiel dafür wäre die Integration von vorgelagerten Volumen im Ansaugtrakt des Motors, wodurch Ansauggeräusche wirksam gedämpft werden können. Aber auch eine abgestimmte Dämpfung von in das Fahrzeug integrierten Teilen ist ein weiterer wichtiger Schritt, um Resonanzen zwischen dem Fahrzeug und der Straße zu verhindern, was ansonsten zu Vibrationen und unerwünschten Geräuschen im Innenraum des Fahrzeugs führen könnte.

Ein weiteres Problem, das in der Forschung bekannt ist, betraf das Startverhalten von methanolbetriebenen Motoren. Hier wurden mehrere Ansätze verfolgt, um diesem Problem zu begegnen. Zum einen wurden die Motorregelstrategie angepasst und eine Vorheizung integriert. Zum anderen wurde durch das einzigartige Motordesign auch eine thermische Isolierung realisiert. Dies sind entscheidende Schritte, um sicherzustellen, dass der Motor zuverlässig startet und damit eine lange Laufzeit garantiert werden kann.

Zusammen mit universitären Projektpartnern wurden und werden umfangreiche Tests sowohl auf Motoren- und Rollenprüfständen als auch im Alltagseinsatz durchgeführt. Diese Tests dienen dazu, die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Systems in verschiedenen Situationen zu überprüfen und die eingebrachten Optimierungen zu verifizieren.

Welche nächsten Schritte sind geplant?

Oliver Obrist: In der kommenden Entwicklungsphase steht die praktische Alltagsnutzung im Fokus. Durch den Einsatz der Fahrzeuge in typischen Alltagssituationen sollen Erkenntnisse gewonnen werden, um mögliche Hindernisse für die Integration von Methanol als Kraftstoff zu identifizieren und zu überwinden. Hierbei spielen Themen wie die Kraftstoffbetankung, die dazugehörige Infrastruktur und rechtliche Rahmenbedingungen eine zentrale Rolle. Zusätzlich werden Optimierungsschleifen im Bereich der Emissionsreduzierung und der NVH durchgeführt. Ebenso werden unterschiedliche Methanolreinheiten als Kraftstoff und Methanol-Benzin-Mischungen als mögliche »Drop-In«-Lösungen für bestehende Fahrzeugflotten getestet.