Glossar Kohlenstoffkreislauf

Wichtige Begriffe im Kontext des Verbundprojekts Carbon2Chem®

  • Ein integriertes Hüttenwerk besteht aus Kokerei, Hochofen, Konverter-Stahlwerk sowie Neben- und Weiterverarbeitungsanlagen. Europas integrierte Hüttenwerke nutzen heute sämtliche Prozessgase der Stahlherstellung. Der größte Teil wird in Kraftwerken genutzt, um elektrische Energie zu erzeugen. Viele Werke sind inzwischen autark und belasten die Netzinfrastruktur kaum noch.

  • Hüttengase entstehen im Hochofen, im Konverter-Stahlwerk und in der Kokerei. Sie enthalten Stickstoff, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Wasserstoff und Methan sowie Spuren anderer Gase. Die Zusammensetzung ist abhängig vom Entstehungsort und schwankt zudem innerhalb der Produktionsprozesse. Dies macht Hüttengase der Stahlproduktion zu einem herausfordernden Rohstoff für die chemische Industrie. Die Aufbereitung und Konditionierung der Gase ist besonders wichtig, denn ohne die funktionieren die Syntheseprozesse der chemischen Industrie nicht.

  • Die CO2-Emission aus der Produktion des einen Unternehmens stellt die Rohstoffquelle des nächsten Unternehmens dar. In Carbon2Chem® erfolgt die Kopplung am Beispiel von Stahl-, Chemieindustrie und Energieerzeugung. Eine Übertragung auf andere CO2-intensive Branchen wird angestrebt.

  • Die Hüttengase aus der Stahlproduktion sollen zur Synthesegasproduktion genutzt werden. Synthesegas ist ein chemisches Vorprodukt, aus dem unterschiedliche Chemikalien erzeugt werden können. Beispiele sind Methanol, Harnstoff, höhere Alkohole und Polymere.

  • Synthesegas ist ein Gasgemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff oder aus Stickstoff und Wasserstoff. Es dient vorrangig zur Erzeugung von Methanol, Ammoniak und anderen Grundchemikalien. Synthesegas wird bisher aus fossilen Rohstoffen hergestellt, z. B. durch Kohlevergasung, Erdgas- und Erdölspaltung.

  • Aus Stickstoff und Wasserstoff lässt sich Ammoniak herstellen. Aus Ammoniak wird durch Einbindung von CO2 Harnstoff, der u. a. zur Produktion von Mineraldünger dient, einem wichtigen Baustein für die Ernährung eines Großteils der Weltbevölkerung.

  • Die Kohlenstoffverbindungen Kohlenmonoxid und Kohlendioxid in Verbindung mit Wasserstoff sind die Grundlage für die Basischemikalie Methanol. Mit Methanol können Autos fahren, Flugzeuge fliegen oder weitere Chemikalien erzeugt werden. Der für die Methanolherstellung nötige Kohlenstoff wird derzeit überwiegend durch fossile Quellen wie Erdgas bereitgestellt. Bei Carbon2Chem® stammt er aus Prozessgasen der Industrie, z.B. Hüttengasen.

  • Bei Carbon2Chem® werden die Hüttengase nicht wie bisher nur zur Stromerzeugung genutzt, sondern als neue Rohstoffquelle zur Produktion chemischer Wertstoffe. Das hat den Vorteil, dass der für die chemische Produktion verwendete Hüttengas-Anteil nicht mehr verbrannt und weniger Kohlendioxid (CO2) erzeugt wird. Der Kohlenstoff wird in Form des CO2 in der Chemieproduktion ein zweites Mal verwendet. Dies bedeutet eine Entlastung für das Klima und einen geringeren Einsatz fossiler Rohstoffe in der Chemieproduktion.

    Bei Carbon2Chem® wird Wasserstoff für die chemischen Prozesse, die bei der Ammoniak- und der Methanolherstellung ablaufen, in großen Mengen gebraucht. Die in den Hüttengasen verfügbare Menge reicht nicht aus. Wasserstoff kann umweltschonend durch Wasserelektrolyse hergestellt werden, bei der Wasser mithilfe von Elektrizität in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten wird. Der Strom soll aus erneuerbaren Quellen bezogen werden. Damit wird bei der Produktion die Umwelt nicht mit zusätzlichem Kohlendioxid belastet.

  • Stromspitzen sind heute noch eine Herausforderung für das Energiesystem. Carbon2Chem® bietet die Möglichkeit, große Industrieanlagen wie Stahl- und Chemiewerke als Energiepuffer zu nutzen. Die Chemie- und vor allem die Wasserstoffproduktion werden dynamisch gefahren, um bedarfsgerecht auf das Angebot an erneuerbaren Energien reagieren zu können. Die Hüttengas-Ströme werden hierbei aufgeteilt, sodass ein Teil weiterhin für den Bedarf der Stahlherstellung zur Verfügung steht und der andere Teil für die Chemieproduktion mithilfe erneuerbarer Energien. Dieses Konzept nennt man Lastmanagement oder auch Demand Side Integration. Damit stabilisiert Carbon2Chem® das Stromnetz und trägt zur Energiewende bei.

Stand: 3. April 2019