Vier Fragen an ...

... Martin Peters vom Fraunhofer UMSICHT

Interview vom 17.11.2021

Martin Peters
Martin Peters, M.Eng.

Als Wissenschaftler des Fraunhofer UMSICHT arbeiten Sie in der angewandten Forschung und beschäftigen sich im Verbundprojekt mit der Gasreinigung und -nutzung. Was wurde aus dieser Perspektive betrachtet bislang in Carbon2Chem® erreicht?

Martin Peters: Im Teilprojekt L-III betrachten wir die Aufreinigung von Hüttengasen mit verschiedenen Verfahren. Ein Verfahren ist die so genannte Electric Swing Adsorption (ESA), die wir einsetzen, um hochsiedende Kohlenwasserstoffe aus dem Koksofengas zu adsorbieren. Die Besonderheit der ESA ist, dass die notwendige Beheizung, Regeneration bzw. Desorption der Kohlenwasserstoffe durch den elektrischen Widerstand des Adsorbens erfolgt. Dafür fließt elektrischer Strom durch das Adsorbens. Das ESA-Ver-fahren wurde bislang hauptsächlich wissenschaftlich im Labor untersucht. Hier wurden z.B. verschiedene Adsorbentien wie Formkörper, Granulate und Pellets auf ihre Tauglichkeit getestet. Dabei standen neben der technischen Umsetzbarkeit auch wirtschaftliche Aspekte im Fokus. Es zeigte sich, dass durch einfache Änderungen in Aufbau der Adsorptionsbehälter günstige Aktivkohlepellets bei sehr guten technischen Eigenschaften eingesetzt werden können.

Was waren Highlights?

Martin Peters: Durch die Grundlagen-orientierten Versuche in der ersten Projektphase konnten wir Daten und Erkenntnisse sammeln, mit denen die ESA-Technologie im größeren Maßstab eingesetzt werden kann. Ein besonderer Erfolg ist daher, dass am Standort Duisburg eine Pilotanlage in Betrieb genommen werden konnte, mit der nun reales Koksofengas behandelt werden kann. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, die vorherigen Erkenntnisse am Realgas zu überprüfen und das System weiter zu optimieren.

Was waren die größten Herausforderungen?

Martin Peters: Eine große Herausforderung war, nicht bei der technisch einfachsten Lösung zu bleiben, sondern für die größeren Maßstäbe direkt ökonomische Aspekte zu berücksichtigen. Ein gerade genanntes Beispiel war die Form der eingesetzten Adsorbentien. Während der Laboruntersuchungen zeigte sich eine ausgezeichnete Performance für die Beheizung bei Wabenkörpern, wie man sie von der Form her aus PKW-Abgaskatalysatoren oder Dieselpartikelfiltern kennt. Diese sind in größeren Abmessungen für spätere technische Einsätze nur schwer und zu hohen Preisen zu bekommen. Hier musste das gesamte bisherige Konzept des Adsorberbehälters neu entwickelt werden, um zum Beispiel günstige Adsorbentien als Pellets bei geeigneter Performance einsetzen zu können.

Welche nächsten Schritte sind geplant?

Martin Peters: Als nächstes wird der Einsatz der ESA auf weitere Anwendungsgebiete ausgeweitet. Im weiteren Verlauf von Carbon2Chem® werden spezielle Adsorbentien entwickelt, die neben guten Eigenschaften zur Beheizung auch eine Funktionalisierung erhalten. Dadurch können verschiedene Komponenten aus den unterschiedlichen Hüttengasen abgetrennt werden, die für die stoffliche Nutzung in anderen Teilprojekten genutzt werden können. Bei guten Ergebnissen im Labor werden die Adsorbentien dann auch im größeren Maßstab in der Pilotanlage an realen Hüttengasen getestet.