Vier Fragen an ...

... Dr. Julian Schittkowski und Dr. Oliver Hegen vom Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (MPI-CEC)

Interview vom 02.08.2021

Oliver Hegen
Dr. Oliver Hegen, Postdoc am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (MPI-CEC).

Als Wissenschaftler des MPI-CEC arbeiten Sie in der Grundlagenforschung und beschäftigen sich im Verbundprojekt mit der Analytik. Was wurde aus dieser Perspektive betrachtet bislang in Carbon2Chem® erreicht?

Oliver Hegen: Die Analytik ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion (MPI-CEC) in Carbon2Chem®, denn um das CO2 bestmöglich in einen Wertstoff umzuwandeln, müssen wir zuallererst wissen, was genau in den Industriegasen vorhanden ist. Dabei greifen wir sowohl auf etablierte Methoden, wie hochsensitive Gaschromatographie (GC), als auch experimentelle Methoden, wie Protonen-Transfer-Massenspektrometrie (PTR-MS), zurück. Beide Techniken verwenden wir sowohl in unserem mobilen Analyselabor, dem HügaProp-Container, als auch dem Labor 5 im Carbon2Chem® Technikum. Während der HügaProp-Container spezialisiert ist auf die Entschlüsselung der Rohgase, ist das Labor 5 für die qualitativen als auch quantitativen Nachweise aller Haupt-, Neben- und Spurenkomponenten in den gereinigten Gasen konzipiert. Zusätzlich messen wir nicht nur die realen Gase, sondern es ist uns auch möglich Industriegase in ihrer genauen Zusammensetzung am Gasgenerator in Oberhausen zu simulieren. Dabei werfen wir einen Blick auf den Einfluss einzelner Verbindungen auf einen Reaktor bzw. den darin eingebauten Katalysator.

Julian Schittkowski
Dr. Julian Schittkowski, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (MPI-CEC).

Julian Schittkowski: Wir als MPI-CEC legen nicht nur den Fokus auf die Analytik, sondern beschäftigen uns auch mit der Grundlagenforschung bezüglich einer sinnvollen CO2-Verwertung. Hierbei konnten wir in dem neugebauten Carbon2Chem®-Labor am Standort Oberhausen bei Fraunhofer UMSICHT einige Erkenntnisse über das Verhalten des Katalysators während der Methanolsynthese gewinnen. An verschiedenen Anlagen werden unterschiedliche Fragestellungen untersucht und es konnten speziell dafür entwickelte Messkonzepte etabliert werden. Gleichzeitig sehen wir unsere Rolle in Carbon2Chem® nicht nur in der Grundlagenforschung oder Analytik der Gase, sondern verstehen uns auch als Dienstleister aller Projektpartner in der Charakterisierung von Flüssigkeiten und Feststoffen, um andere Leuchtturmprojekte im Rahmen unserer Fähigkeiten so gut es geht zu unterstützen.

Was waren Highlights?

Oliver Hegen: Definitiv die Inbetriebnahme das Labor 5 im Carbon2Chem®-Technikum und die ersten Ergebnisse, die aus den Messungen hervorgegangen sind. Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, was man als Team aus Spezialisten erreichen kann. Die Ergebnisse zu den gereinigten Gasen die wir im Labor 5 produzieren, sind essenziell für das gesamte Projekt. Sie geben Feedback zur Funktionsweise der Gasreinigung und bieten Informationen bei einem auffälligen Reaktionsverlauf der Methanolsynthese in den Versuchsanlagen der Projektpartner.

Julian Schittkowski: Wichtigster Meilenstein für mich im Projekt war der Aufbau des Carbon2Chem®-Labors in Oberhausen mit der Bereitstellung der Infrastruktur um Katalysatorteststände vom MPI-CEC sowie Fraunhofer UMSICHT erfolgreich in Betrieb nehmen zu können. Besonders interessante Erkenntnisse konnten wir bei der Untersuchung von Vergiftungseffekten von Spurenkomponenten am Katalysator gewinnen, was wir auch schon in einer Veröffentlichung vorstellen konnten.

Was waren die größten Herausforderungen?

Oliver Hegen: Der Umzug des HügaProp-Containers vom Stahlwerksgelände von Thyssenkrupp auf das Carbon2Chem®-Gelände in Duisburg. In Phase 1 des Projektes haben wir die Rohgase direkt auf dem Stahlwerksgelände untersucht. Mit Inbetriebnahme des Technikums bot sich auch ein Umzug des mobilen Analysecontainers an. Auch wenn es via Luftlinie nur wenige Kilometer vom ehemaligen Standort auf dem Stahlwerk zum Technikum waren, erforderte es doch einiges an Organisationsaufwand und Nerven, bis der Container schlussendlich seinen Platz am Technikum gefunden hatte.

Julian Schittkowski: Eine enorme Herausforderung bei der Untersuchung in neukonstruierten oder umgezogenen Anlagen ist immer die Vergleichbarkeit. Um reproduzierbare Messergebnisse, auch über unterschiedliche Versuchsanlagen verteilt, zu erhalten ist eine detaillierte Untersuchung und Optimierung jeder Anlage zu Beginn notwendig. Trotz diverser Hürden konnten wir zusammen diese Herausforderung meistern, sodass wir nun eine Vergleichbarkeit aller Anlagen gewährleisten können, obwohl sie eine unterschiedliche Bauweise besitzen und Fragestellung untersuchen.

Welche nächsten Schritte sind geplant?

Oliver Hegen: Zum einen etablieren wir gerade eine Messmethodik um lokal an verschiedenen Stellen am Carbon2Chem®-Technikum eine Gasprobennahme zu ermöglichen. Dabei kombinieren wir den Stand der Technik mit unserem Know-How über Industriegase, dass wir uns über die Jahre auf diesem Gebiet angeeignet haben. Weiterhin bauen wir unsere Flüssigkeitsanalytik, allen voran über Methanol, weiter aus, um dadurch allen Projektpartner weitere Erkenntnisse zu liefern. Dadurch lässt sich zukünftig die Methanolsynthese weiter verbessern und das CO2 noch besser nutzen. Zu guter Letzt, haben wir uns auf die Fahne geschrieben, die Analyse der gereinigten Gase in Labor 5 weitestgehend zu automatisieren, um frühzeitig Schwankungen der Gasqualität zu erkennen und an die Projektpartner weitergeben zu können.

Julian Schittkowski: Wo fange ich am besten an? Unser großes Ziel ist ein vollständiges Bild des Grundprozesses der Methanolsynthese aus Industriegasen zu erzeugen. Dabei spielen die einzelnen Aspekte, wie z. B. Vergiftungsverhalten auf Basis einzelner Spurenkomponenten, die Aktivierung des Katalysators sowie grundlegende Parameter während der Reaktion, wie Temperatur, Druck, Gaszusammensetzung sowie Verwertung nicht umgesetzter Reaktanden eine Rolle. Zusätzlich müssen die gewonnenen Erkenntnisse vom Labormaßstab auf größere Anlagen oder Pilotanlagen übertragen werden.