Design elektrochemischer Reaktoren

Viertes »Electrochemical Cell Concepts Colloquium – E3C« drehte sich um Elektroden (-modifikationen) und Strömungsführungen in elektrochemischen Reaktoren

Veranstaltungsrückblick /

Vierte Auflage, leicht geändertes Format: Das diesjährige »Electrochemical Cell Concepts Colloquium – E3C« erstreckte sich erstmals über zwei Nachmittage. Am 4. und 5. Mai 2023 gewährten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Belgien, Polen, Spanien, Kanada und den USA Einblicke in ihre Forschung. Im Fokus der virtuellen Veranstaltung: Elektroden und Elektrodenmodifikationen sowie Strömungsführungen in elektrochemischen Reaktoren wie Brennstoffzellen, Flow-Batterien oder Elektrolyseuren.

Daniel Siegmund (Gruppenleiter Elektrokatalyse am Fraunhofer UMSICHT)
© Fraunhofer UMSICHT
Als Session Chair beim vierten »Electrochemical Cell Concepts Colloquium – E3C« im Einsatz: Dr. rer. nat. Daniel Siegmund (Gruppenleiter Elektrokatalyse am Fraunhofer UMSICHT).
Prof. Dr.-Ing. Anna Grevé (Abteilungsleiterin Elektrochemische Energiespeicher am Fraunhofer UMSICHT).
© Fraunhofer UMSICHT
Moderierte gleich mehrere Sessions: Prof. Dr.-Ing. Anna Grevé (Abteilungsleiterin Elektrochemische Energiespeicher am Fraunhofer UMSICHT).

Nachhaltige Produktion von Bipolarplatten für Brennstoffzellen

Für den Einstieg ins Thema sorgte Dr. Marco Grundler vom Hydrogen and Fuel Cell Center ZBT in Duisburg. Der Wissenschaftler stellte Bipolarplatten für PEM-Brennstoffzellen ins Zentrum seiner Keynote und ging dabei sowohl auf Funktionen und Anforderungen als auch auf Konstruktionsmerkmale und Materialklassifizierung ein. Besonderes Augenmerk legte er auf drei Projekte zur nachhaltigen Produktion von Bipolarplatten aus Polymer-Verbindungen. Sein Fazit: »Die Verwendung biobasierter Kunststoffe und Naturgraphite für Brennstoffzellenanwendungen ist ebenso möglich wie die Nutzung recycelter Materialien.«

Design von Elektrolysezellen

Um verschiedene Ansätze zum Design von Elektrolysezellen drehten sich die nächsten drei Vorträgen. Dr. Carsten Pietzka vom Fraunhofer IGB präsentierte Forschungsarbeiten aus dem Fraunhofer-Leitprojekt »ShaPID – Shaping the Future of Green Chemistry by Process Intensification and Digitalization«. Konkret verglich er zwei Zellkonfigurationen für verschiedene Prozessoptionen: die elektrokatalytische Formiatherstellung mit flüssigem Katholyt und eine Zero-Gap-Zelle zur Herstellung von Ameisensäure.

Wie mithilfe eines Zero-Gap-Designs Schwachstellen der klassischen alkalischen Wasserelektrolyse wie ohmsche Verluste und Blasenbildung überwunden werden können, erläuterte Frank Gillung. Der Wissenschaftler der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus – Senftenberg sprach u.a. über den Einsatz von 3D-Elektroden und Zirfon®-Membranen.

Grenzen einer kathodenzentrierten Sichtweise auf Hydrierungsreaktionen zeigte Jonas Wolf vom Fraunhofer UMSICHT auf. Sein alternativer Ansatz: Änderungen an den Anoden vornehmen – mit Fokus auf (porösem) Transportmaterial, Membranen und der Konfiguration von Membran-Elektroden-Einheiten. Dadurch ließe sich eine Optimierung der Elektrodenzelle und der Prozessparameter erreichen, so der Wissenschaftler.

Flow-Fields neu gestalten

In der zweiten Session des ersten Tages präsentierten Monika Jalowiecka (Technische Universität Warschau) und Prof. Dr. Jasna Jankovic (University of Connecticut) neue Ansätze zur Gestaltung von Strömungsfeldern, auch Flow-Fields genannt. Monika Jalowiecka berichtete beispielsweise über Verbesserungen des Massentransports innerhalb einer Ameisensäure-Brennstoffzelle durch ein Kanaldesign mit einer rechtwinkligen trapezförmigen Schallwand.

Jasna Jankovic und ihre Forschungsgruppe hatten sich bei der Gestaltung von Strömungsfelder dagegen von der Natur inspirieren lassen. »Unser an Pflanzen angelegtes Röhrendesign bringt viele potenzielle Vorteile mit sich«, fasste sie zusammen. »Angefangen bei niedrigen Materialkosten für die Komponenten über eine effizientere Gasverteilung bis zu einer 50 Prozent höheren Energiedichte.«

Verluste im Reaktor minimieren

Mit den Themen Flow-Fields und Fluidströmung eröffnete auch der zweite Tag des Kolloquiums: Prof. Dr. Jonas Hereijgers von der Universität Antwerpen ging in seiner Keynote der Frage nach, wie sich elektrochemische Strömungsreaktoren konstruieren und in Schwingung versetzen lassen. Das übergeordnete Ziel dieses Ansatzes: ohmsche, Transport- und Aktivierungsverluste im Reaktor zu minimieren. »Eine Erkenntnis unserer bisherigen Arbeit ist, dass oszillierende Impulse dazu führen, dass Blasen nicht die Oberflächen blockieren«, erklärte der Wissenschaftler. »Dadurch lassen sich Verluste schon deutlich verringern.«

Ein 3D-gedrucktes biomimetisches Flow-Field zur Verbesserung des elektrochemischen Stofftransfers stellte Inmaculada Garcia Lopez von der Universität Complutense in Madrid vor. Dieses Strömungsfeld – so die Wissenschaftlerin – bringe nicht nur den Vorteil einer schnellen Fertigung mit sich, sondern erhöhe gleichzeitig den Grenzstromwert im Durchschnitt um 75,8 bis 91 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Geometrien.

Anschließend verglich Lukas Siefert von der Universität Duisburg-Essen die Untersuchungsergebnisse von CFD-Simulationen und elektrochemischen Experimenten von Flow-Fields in einer 250 cm² großen Zink-Polyiodid-Hybrid-Flow-Batterie.

Von Blasen- und Flüssigkeitsmanagement

In der letzten Session der Veranstaltung wechselte der Fokus wieder auf Elektroden. So setzte sich Prof. Miguel A. Modestino von der Universität New York in seiner Keynote mit dem Einfluss der Blasenbildung auf die Energieumwandlungseffizienz elektrochemischer Reaktoren auseinander. »Gasblasen reduzieren die tatsächlich aktive Elektrodenfläche und führen dadurch zu Energieverlusten«, stellte er heraus. »Aber noch ist zu wenig bekannt über den Prozess der Blasenbildung und die ihn umgebenden elektrochemischen Phänomene.« Sein Team und er setzen sich daher mit verschiedenen Strategien zum Umgang mit Gasblasen auseinander, um elektrochemische Reaktionen weiter zu optimieren.

Laura Huwald und Maximilian Wand vom Fraunhofer UMSICHT stellten in ihrem Vortrag die Laserablation und Mikrostrukturierung von Bipolarplatten für PEM-Brennstoffzellen vor. Laserablation erhöhe beispielsweise Leitfähigkeit und Hydrophobie einer Bipolarplatte aus Verbundwerkstoff, während Mikrostrukturierung das Flüssigkeitsmanagement verbessere, betonten die beiden Forschenden.

Den Abschluss des vierten »Electrochemical Cell Concepts Colloquium – E3C« bildete ein Beitrag von Caio Vinicios Juvêncio da Silva. Der Wissenschaftler der Simon Fraser Universität in Vancouver berichtete über Elektrodenmodifikationen für Vanadium-Flow-Batterien. Sein Fazit: »Die Batterieleistung wird in erster Linie durch die Verbesserung der Benetzbarkeit und somit der Erhöhung der elektrochemisch nutzbaren Elektrodenoberfläche beeinflusst. Dies wiederum führt zu einer Verbesserung der Elektrodenkinetik.«

Wie im vergangenen Jahr wurde auch in 2023 der E3C-Award für den besten Vortrag verliehen. In diesem Jahr ging er – auf Basis einer Abstimmung unter den rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung – an Marco Grundler (Veranstaltungstag 1) und Miguel A. Modestino (Veranstaltungstag 2). Wer die Beiträge verpasst hat, bekommt im Laufe des Jahres Gelegenheit, sich einen Einblick zu verschaffen: Geplant ist die Veröffentlichung eines Open-Access-Tagungsbandes.