WHy: Wasser für die grüne Wasserstoffwirtschaft

Studien und Technologien liefern Basiswissen und Lösungen für die Versorgung von Wasserstoffproduktionsstandorten

Grüner Wasserstoff

Zentraler Baustein der Energiewende

Wasser und Wasserstoff

Entstehungspfad und Wasserversorgung für grünen Wasserstoff

Projektziele: nachhaltige Wasserversorgung

Die Erzeugung von grünem Wasserstoff verlangt große Wassermengen, die an den Produktionsstandorten in unterschiedlicher Quantität und Qualität zur Verfügung stehen. Fraunhofer UMSICHT will in Studien sowie im Dialog mit den Beteiligten Akteuren die Wassersituation in einzelnen Regionen analysieren, Nutzungskonflikte ausmachen und diese lösen. Des Weiteren sollen mithilfe neuer technologischer Verfahren alternative Wasserquellen erschlossen werden.

Projektnutzen: Planungssicherheit schaffen

Die grüne Wasserstoffwirtschaft ist ein zentraler Baustein der Energiewende. In der nationalen Wasserstoffstrategie sind ehrgeizige Ausbauziele festgelegt[1]. Um diese zu erreichen, müssen auf regionaler Ebene erhebliche Wassermengen zusätzlich entnommen werden – zum Beispiel für den ENERGY HUB Port of Wilhelmshaven.

Die Deutsche Energieagentur DENA berichtet, dass der ENERGY HUB Port of Wilhelmshaven – ein Verbund aus über 30 Unternehmen – im Jahr 2031 194 Tonnen Wasserstoff pro Stunde mittels Elektrolyse erzeugen will. Das entspricht einer Leistung von 6,51 Gigawatt. Insgesamt addiert sich die benötigte Wassermenge in Zeiten des maximalen Verbrauchs aller geplanten Anlagen gemäß des DENA-Berichts auf mindestens 4 861 Tonnen pro Stunde im Jahr 2031[2]. Zum Vergleich: Der größte Wasserverband bei Wilhelmshaven – der Oldenburg-Ostfriesische Wasserverband OOWV – hat gemäß Geschäftsbericht 2021 im Durchschnitt 9 475 Tonnen Wasser pro Stunde an seine 928 668 Kunden abgegeben[3]. In Spitzenverbrauchszeiten des ENERGY Hubs wäre es so, als ob der OOWV eine Großstadt mit einer halben Millionen Einwohnern zusätzlich versorgen müsste; in einer Region, wo jetzt schon zeitweise die Wassernutzung eingeschränkt wird.

Trotzdem stehen die Wasserstrategie des BMUV[4] und die Energiestrategie des BMWK[5] unverbunden nebeneinander. Da Zuständigkeiten und rechtliche Rahmenbedingungen nicht geklärt sind, resultiert auf Ebene der handelnden Akteure eine Planungsunsicherheit.

Nadelöhr für die Wasserstoffwirtschaft

Einige Regionen setzen vorrangig auf grüne Wasserstofftechnik und an ausgewählten Standorten sind die Planungsprozesse für Wasserstoff-Hubs bereits weit fortgeschritten. Die Planungsunsicherheit kann gerade beim Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft fatale Folgen für die Beteiligten haben. Zwar beschreibt der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) in einer aktuellen Studie[6], dass Deutschlands Wasserressourcen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff ausreichen. Doch ist diese Annahme auch für Wasserstoffregionen und regionale Akteure nachvollziehbar, die jetzt schon unter extremer Trockenheit und Wasserknappheit leiden? In manchen Regionen sind Betroffene zurecht beunruhigt, wie eine Studie zur Bewertung von Wasserstoffstandorten in Niedersachsen zeigt[7]. Für den Landkreis Leer etwa wird darin von der Wasserentnahme aus dem Grundwasser abgeraten.

Transparenz und Wissen entschärfen Konflikte und schaffen Planungssicherheit

Zusammen mit Partnern aus den Geistes- und Naturwissenschaften entwickelt Fraunhofer UMSICHT einen Dialogprozess. Der Prozess soll in Wasserstoffmodellregionen mit Wasser- und Energieversorgern, Kommunen und Gesellschaft umgesetzt werden. Parallel dazu erstellen die Fraunhofer-Forschenden Studien zu Verfügbarkeit, Markt, Kosten und Reifegrad von Technologien zur Aufbereitung von verschiedenen Wasserqualitäten für die Elektrolyse. Auch vollständige Standortanalysen werden durchgeführt.

Versorgungslücken: Technologien erschließen alternative Wasserquellen

Fraunhofer UMSICHT identifiziert alternative Wasserquellen, die nicht in direkter Konkurrenz zu Trinkwassergewinnung und Bewässerung stehen. Das können z. B. Abwässer aus der industriellen Produktion und aus kommunalen Kläranlagen oder Brackwasser und andere standortspezifische Wasserquellen sein. Dazu werden Aufbereitungsverfahren vom Labor- bis zum Pilotmaßstab mit dem Ziel entwickelt, sie für die alkalische Elektrolyse oder PEM (Polymer-Elektrolyt-Membran) einzusetzen.

Projektergebnis: Abwasser aus der Methanolproduktion im Kreis führen

Die weltweit produzierte Menge an Methanol lag 2018 bei 110 Mio. Tonnen[8]. Die Verbindung ist als Lösungsmittel und für die Kraftstoffherstellung essenziell. Auch als Edukt bei Synthesen von diversen Stoffen wie beispielsweise Formaldehyd oder Klebstoffen ist sie relevant. Bisher wird Methanol überwiegend aus fossilen Rohstoffen wie Erdgas oder Kohle gewonnen. Im Verbundprojekt Carbon2Chem® wird stattdessen Methanol aus Hüttengasen synthetisiert. Hierdurch wird sowohl der Carbon Footprint der Stahlproduktion gesenkt als auch eine alternative Methanolquelle erschlossen.

Untersuchungen im Rahmen des Projekts haben gezeigt, dass die wässrige Fraktion (Abwasser) aus der Methanolsynthese ein großes Potenzial zur Wasserstoffgewinnung bietet – als Zulauf für die Elektrolyse. Das Abwasser dient zum einen als alternative Wasserquelle. Gleichzeitig kann der erzeugte Wasserstoff wieder für die Methanolsynthese eingesetzt werden und so den Carbon Footprint reduzieren.

Weiterbildung: Lerneinheit zur Abschätzung von Technikfolgen – Akzeptanzforschung am Beispiel Wasserstoff

Fraunhofer UMSICHT hat für das interdisziplinäre Weiterbildungsstudium DYNERGY eine Lerneinheit zum Thema Wassernutzung in der Wasserstoffwirtschaft entwickelt. Ihr Fokus liegt auf grünem Wasserstoff, indem sie die Wassersituation in Deutschland in einen Kontext mit der Wasserstofferzeugung setzt. Außerdem werden Nutzungskonflikte im Spannungsfeld Wasser-Energiewende charakterisiert und Lösungsstrategien aufgezeigt. Die Lerneinheit schließt mit einem Ausblick auf internationale Zielkonflikte.

Wasserstoffstandorte

Im Zuge des Klimawandels nehmen Wasserknappheit und -verschmutzung immer weiter zu. Auch in Deutschland steigen die Durchschnittstemperaturen bei sich ausweitenden Hitzeperioden.[9] Aufgrund der erhöhten Temperaturen und des reduzierten Niederschlages in einigen Regionen Deutschlands ist ein Anstieg der Verdunstung zu verzeichnen. Auf der anderen Seite führen klimawandelbedingte Starkregenereignisse zu einem erhöhten Abfluss in den Flüssen. Das Grundwasser kann sich dadurch nicht regenerieren.[10]

Fraunhofer UMSICHT hat Karten erstellt, die die geplanten Wasserstoffproduktionsorte in Verbindung mit den Niederschlagssummen und dem Trockenheitsindex aus dem Jahr 2022 aufzeigen. Es sind Standorte mit einer Elektrolyseleistung ab 17 MW aufgeführt, da hier ein entsprechend hoher Wasserverbrauch anfällt. Was wiederum großen Einfluss auf den künftigen regionalen Wasserbedarf hat. Insbesondere der Rückgang der Niederschlagssummen in Ost- und Mitteldeutschland ist zu beachten – auch dort sind große Elektrolysestandorte geplant.

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Für den Wasserbedarf eines Elektrolyseurs ist sowohl die Elektrolysetechnologie als auch die Art der Wasserquelle entscheidend. Mittels Vollentsalzungsanlagen müssen Mineralien aus dem Wasser entfernt werden, um Reinstwasser zu erzeugen. Das ist notwendig, da Verunreinigungen im Elektrolyseprozess zu Ablagerungen von Salzen auf den Membranen (bei Proton Exchange Membrane PEM) und den Elektroden führen. Für die Produktion eines Liters Reinstwasser werden 1,2 bis 1,3 Liter Oberflächenwasser, 1,5 bis 1,6 Liter Brackwasser oder 2 bis 3 Liter Meerwasser benötigt. Basierend auf dieser Datengrundlage lässt sich der Wasserverbrauch der prognostizierten Wasserstoffkapazitäten für Deutschland berechnen. Werden ausschließlich Oberflächengewässer als Wasserquelle genutzt, ergibt sich ein Wasserverbrauch von 9 Millionen Tonnen im Jahr 2030 (10 GW) und 63 Millionen Tonnen in 2050 (70 GW). Die Wassernutzung für entsprechende Kühlwassersysteme ist hier nicht mit einbezogen. Das Kühlsystem ist je nach Standortbedingungen auszuwählen. Unter anderem kommen eine Luftkühlung, welche einen minimalen Wassereinsatz aufweist, eine Durchlaufkühlung mit einem Wasserbedarf von 920 bis 2450 kg pro kg Wasserstoff und minimalem Wasserverbrauch und weitere Kühlwassersysteme zum Einsatz.

Wasserbedarf der geplanten Kapazitäten in Deutschland

Wasserbedarf der geplanten Kapazitäten in Deutschland

Bei der Planung eines Wasserstoff-Hubs ist die Auswahl des Standorts von großer Relevanz. Der Betreiber muss sicherstellen, dass der gewählte Standort langfristig für die Produktion geeignet ist, da neben den Investitionen in die Anlagen auch der Infrastrukturausbau zu berücksichtigen ist. Dabei kommen ökonomische Überlegungen wie Stromversorgung und Infrastruktur, technische Aspekte wie Wasserversorgung, Platzbedarf und Abwasserentsorgung sowie ökologische Faktoren zum Tragen. Die folgende Tabelle zeigt die Haupteinflussfaktoren, die zur Einordnung eines Standorts herangezogen werden können. Sie helfen, einen geeigneten Standort zu identifizieren, der sowohl ökonomisch rentabel als auch technisch und ökologisch nachhaltig ist.

Perspektivisch ist für die Ressource Wasser zudem der Klimawandel bedeutsam, da er in einigen Regionen die Trockenheit noch erhöhen wird. Wasserstoff-Hubs, die in solchen Gebieten errichtet werden, können möglicherweise unterversorgt sein und nicht mehr die volle Leistung erbringen.

Haupteinflussfaktoren

Beschreibung

Wasserquelle

Ermittlung und Bewertung der lokal verfügbaren Wasserquellen (Grundwasser, Oberflächenwasser, Meerwasser) für die Wasserelektrolyse. Perspektivisch: Einbeziehung der zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserquelle.

Wasserverbrauchsstruktur Auflistung regionaler Wasserverbrauchstypen im Untersuchungsgebiet. Aktuelle Wasserverbrauchsbilanz von Landwirtschaft, Haushalten, Industrie und Energiewirtschaft sowie Zukunftsszenarien.
Erneuerbare Energien

Ermittlung der derzeitig und zukünftig regional verfügbaren erneuerbaren Energien für die Elektrolyse im Untersuchungsgebiet und Einbeziehung von Ausbauszenarien. Überprüfung der Potenziale für einen netzdienlichen Betrieb von Elektrolyseuren.

Speichermöglichkeiten

Beschreibung der vorhandenen und geplanten lang- und kurzfristigen Speichermöglichkeiten für Wasserstoff im Untersuchungsgebiet. Als Langzeitspeicher stehen Salzkavernen im Fokus.

Transportwege Untersuchung vorhandener und geplanter Infrastruktur für Wasserstofftransport und -verteilung. Dazu gehören Pipelines, Straßen, Häfen sowie Tankstellen.
Lokales Abnahmepotential

Ermittlung potenzieller Abnehmer für den zu produzierenden Wasserstoff sowie die Nebenprodukte Sauerstoff und Wärme. Dazu gehören Industrie, Verkehr sowie Gebäude.

[1] https://www.bmbf.de/bmbf/de/forschung/energiewende-und-nachhaltiges-wirtschaften/nationale-wasserstoffstrategie/nationale-wasserstoffstrategie_node.html
[2] https://www.wirtschaft-wilhelmshaven.de/assets/images/Pressemitteilung_Anlage_1.pdf
[3] https://geschaeftsbericht.oowv.de/de/2021/zahlen-und-fakten
[4] https://www.bmuv.de/wasserstrategie
[5] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/energieeffiezienzstrategie-2050.pdf
[6] Saravia et al. 2023 (h2o-fuer-elektrolyse-dvgw-factsheet.pdf)
[7] Eggers 2022
[8] Araya, S. S., Liso, V., Cui, X., Li, N., Zhu, J., & Lennart, S. (2020). A Review of The Methanol Economy: The Fuel Cell Route. Energies, 13(3), 596.
[9] Cullmann, Astrid; Sundermann, Greta; Wägner, Nicole; Hirschhausen, Christian von; Kemfert, Claudia (2022): Wertvolle Ressource Wasser auch in Deutschland zunehmend belastet und regional übermäßig genutzt.
[10] Auge, Johannes (2020): Klimawandelanpassungskonzept für den Kreis Euskirchen und seine Kommunen. Zwischenbericht. Hg. v. GreenAdapt Gesellschaft für Klimaanpassung mbH und Öko-Zentrum NRW GmbH.